In "Touch the Sound" porträtiert Thomas Riedelsheimer die schottische Trommlerin
Evelyn Glennie, die zu 80 Prozent taub ist. Schon als Kind spielt sie Schlagzeug,
benutzt ihren Körper als Resonanzkörper. Der Film folgt ihr in 50 Tagen von New
York über Kalifornien und Japan bis nach Schottland.
Eine mitreissende Dokumentation über eine faszinierende Ausnahme-Musikerin und
über das Sichtbarmachen von Musik. Der Regisseur Thomas Riedelsheimer ("Rivers
And Tides", 2001) übersetzt das Geheimnis ihrer Kunst und ihrer Schaffens- und
Lebensfreude in packende Töne und Bilder.
Thomas Riedelsheimers Porträt der gehörlosen Klangkünstlerin Evelyn Glennie. Ein
Versuch die Welt der Klänge, mit den visuellen Mitteln des Kinos zu entdecken.
Der Münchner Regisseur und Kameramann Thomas Riedelsheimer (41) dürfte mit seiner
letzten Arbeit "Rivers and Tides" (2001) wohl einen der schönsten Dokumentarfilme
der letzten Jahre gedreht haben, der zudem vielfach ausgezeichnet wurde (Deutscher
Filmpreis für den Besten Dokumentarfilm) und um die Welt tourte. Nun liefert
Riedelsheimer seine neue Doku, die BR-Koproduktion "Touch the Sound", die, ganz
ähnlich in Prinzip und Struktur gehalten wie "Rivers and Tides", der Klangkünstlerin
Evelyn Glennie folgt.
War es im Vorgänger-Film der Künstler Andy Goldsworthy mit seinen Farben, Gebilden
und Konstrukten, die er stets in die Natur integrierte, durch ihre Materialien
erschuf und dann wieder von ihr nehmen ließ, so sind es nun die unorthodoxen Klänge
und Töne und Kompositionen der international arbeitenden Solo-Perkussionistin Evelyn
Glennie. Mit ihr reist der Film um die Welt, von der Fabrikhalle in Dormagen, wo sie
gemeinsam mit dem Musiker Fred Frith eine CD mit vollständig improvisierten Klängen
aufnimmt, nach New York und Japan und Kalifornien. Und nach Schottland, dorthin, wo
ihre Wurzeln sind. Über 100 Konzerte gibt sie im Jahr, hat 19 CDs aufgenommen und
in der BBC zwei eigene Programme.
Bei alledem scheint es ein Widerspruch, eine Absurdität, dass diese Frau sich
just der Musik, den Tönen verschrieben hat. Denn in ihrer Kindheit hat Evelyn
Glennie nahezu gänzlich ihr Gehör verloren. "Touch the Sound" - den Klang berühren.
Darum geht es der Künstlerin. Sie berührt die Klangkörper, die ihre Resonanz auf
ihren eigenen Körper übertragen. Es geht also mehr um das Fühlen denn um das Hören,
um das haptische Erfassen der Welt, denn um das tatsächliche Erhören ihrer Töne.
Immer unterwirft sich Thomas Riedelsheimer dem jeweiligen Künstler, um den sein
Doku-Portrait kreist. Dabei hält er stets den deskriptiv-beobachtenden Blick,
wertet niemals, analysiert nicht. War es in "Rivers and Tides" das visuelle, so
ist es in "Touch the Sound" das akustische Moment, das dominiert, den Film geradezu
ausmacht. Umso schwieriger, für dieses akustische Moment adäquate Bilder zu finden.
Hierin insbesondere, und auch insgesamt in seiner strukturellen Dichte, ist "Rivers
and Tides" doch der stärkere, der visuellere Film.
Töne zu visualisieren, Klänge zu ver-bild-lichen, das ist schwer, fast unmöglich.
Riedelsheimer, der erneut für Regie, Kamera und Schnitt verantwortlich zeichnet,
er findet teils schöne Illustrationen für Glennies Vermögen, Klänge zu evozieren.
Manchmal, wenn die Künstlerin ein Instrument geradezu umarmt, da kommt auch die
Kamera ihr recht nahe, wird das Physische durch Nähe untermauert und so auch auf
der Leinwand greifbarer. Etwa, wenn sie, die fast Gehörlose, einem ebenso gehörlosen
Mädchen Klangunterricht gibt, und das Mädchen bittet, die große Trommel anzufassen,
den Schwingungen nachzuspüren, um so zu hören. Und manchmal, wenn Glennie auf das
fast gleich große Instrument trommelt, da lächelt das taube Mädchen. In diesen
Momenten hört sie wohl... [BR]
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