Die Kriminalpsychologin Hannah Schwarz kommt nach Schwerin, um ihren kürzlich
verstorbenen Vater Leo zu beerdigen. Ihr Widerwillen gegen die Stadt ist deutlich
spürbar. Hier ist vor 40 Jahren ihre Familie kaputtgegangen, als sie als
Siebenjährige kurz vor dem Mauerbau 1961 mit ihrer Mutter in den Westen ging.
Vater Leo blieb in der DDR zurück. Zeit ihres Lebens hat die Mutter ihrem Mann
Verrat und Treuebruch vorgeworfen, weil er sein Versprechen, der Familie in die
Bundesrepublik zu folgen, nicht gehalten und als "hundertfünfzigprozentiger"
Kommunist bei der Schweriner Polizei Karriere gemacht habe. Auf Grund der besonders
engen Beziehung zur Mutter, die durch ihren Außenseiterstatus als DDR-Aussiedler
noch verstärkt wurde, hat Hannah nie diese Legende über den Vater hinterfragt.
Weder in ihrer Pubertät noch während ihres Psychologiestudiums oder bei ihren
ersten beruflichen Schritten hat sie je Kontakt zum alten Schwarz gesucht. Nach
der Wende unternahm der Vater zwar den ein oder anderen Versuch, in Kontakt mit
Hannah zu treten, aber sie lehnte jedes längere Gespräch ab.
Der Krebstod der Mutter anderthalb Jahre zuvor traf Hannah tief und bestärkte
sie zunächst sogar in ihrer Verachtung für den Vater. Erst in jüngster Zeit
dachte sie daran, den Abtrünnigen für die verlorenen Jahre zur Rede zu stellen.
Hannah begann sich ihre eigene persönliche Anklageschrift zurechtzulegen. Doch
dann setzte der jähe Tod des Vaters all diesen Plänen ein Ende.
Während Hannah sich noch über ihre Emotionen klar zu werden sucht, lernt sie
Suse Richter kennen, die langjährige Vertraute und Hausmeisterin ihres Vaters.
Und sie begegnet einem Freund des alten Schwarz, dem Staatsanwalt Beus, der den
Vater noch aus DDR-Tagen kennt und mit ihm zusammenarbeitete, noch bevor Leo
Schwarz als politisch verdächtig ausgemustert wurde. Bei diesen Unterhaltungen
erfährt sie, dass sich wenige Tage vor ihrer Ankunft in Schwerin ein mysteriöser
Mordfall ereignet hat - und dass der Fall ihren Vater kurz vor seinem Tod
offenbar in Aufruhr versetzte.
Immer mehr tauchen Erinnerungsbilder und Hinweise auf, die Hannah beunruhigen.
Auf dem Schreibtisch ihres Vaters findet Hannah Zeitungsausschnitte, Suse Richter
bestätigt, dass Leo Schwarz sich anders als sonst verhielt. Und schließlich
erhält Hannah die Gewissheit, dass ihr Vater wegen des Falls sogar bei seinen
ehemaligen Polizeikollegen vorstellig wurde, ohne dass er jemandem seine Gründe
offenbarte. Freilich wurde seine Hilfe dankend abgelehnt - so wie nun auch Hannah
freundlich, aber bestimmt vor die Tür gesetzt wird. Die Leiterin der Mordkommission
Katharina Petrescu, die kurz nach der Wende 28-jährig nach Schwerin kam und
senkrecht in der Polizeihierarchie aufstieg, ist nämlich der Meinung, dass ihr
Team und sie der Lage durchaus allein gewachsen sind.
In dem Maße, in dem alte Gewissheiten über den Vater ins Wanken geraten, wächst
auch Hannahs Unsicherheit. Im Nachlass findet sie alte Unterlagen, die belegen,
dass es schon einmal zwei Frauenmorde in Schwerin gab, die fast bis aufs Haar der
jüngsten Bluttat gleichen. Das war vor fast 25 Jahren. Und ihr Vater war damals
offenbar mit den Ermittlungen befasst. Andererseits bringt Hannahs Nachfrage an
den Tag, dass man bei der Polizei von einem solchen Fall nichts weiß. Ist es
möglich, dass die Morde vertuscht wurden? Wenn ja, warum? Und: War ihr Vater
nur in die Vertuschung verwickelt? Oder reicht seine Verstrickung in diesen
Fall etwa noch weiter...?
Hannah wird unbarmherzig mit ihrer persönlichen Vergangenheit konfrontiert, mit
ihrer abrupt beendeten Schweriner Kindheit und den "schwarzen Löchern", die dieses
Trauma in ihr Leben riss.
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