Computerfreak Angela Bennett arbeitet als hochbezahlte Spezialistin in ihrem
Appartment und verläßt kaum je die eigenen vier Wände. Als sie jedoch an eine
brisante Diskette gerät, die dem Cyberterroristen Jack Devlin gehört, nimmt ihr
Leben eine dramatische Wendung. Devlin versucht sie nämlich nicht nur zu ermorden,
sondern löscht auch ihre Existenz aus sämtlichen Computern der USA. Angela kann
ihren Häschern jedoch ein ums andere Mal entkommen und deckt dabei einen riesigen
Politskandal auf. Erfolgsproduzent Irvin Winkler ('Rocky'), der seit seinem
Polit-Thriller 'Schuldig bei Verdacht' auch als Regisseur zu überzeugen weiß,
liefert nicht nur einen temporeichen wie fesselnden Thriller ab, er greift auch
ein hochbrisantes Thema auf. Seine Vision vom Internet als einem allesüberwachenden,
nicht greifbaren Big Brother ist erschreckend wirklichkeitsnah geraten. Sandra
Bullock ('Speed') stellt ein weiteres Mal ihre Starqualitäten unter Beweis. [VideoWoche]
Mit dem Überraschungserfolg des Action-Reißers 'Speed' avancierte Sandra Bullock zu
Hollywoods neuem Darling in der 'Patentes-Mädchen-von-Nebenan'-Kategorie. Mit der
romantischen Komödie 'Während du schliefst' festigte sie ihre Position. In 'The
Net' ist der neue Publikumsliebling nun wie zuletzt ihr 'Speed'-Costar Keanu Reeves
('Vernetzt') in einem Computer-Thriller zu sehen. Bemüht 'Vernetzt' einen eher
unglaubwürdigen SciFi- Schrecken, ist 'The Net' ein realitätsbezogener
High-Tech-Schocker, der die potentiellen Gefahren des Internet thematisiert.
Dabei inszenierte Regisseur Irwin Winkler ('Schuldig bei Verdacht') einen
beklemmenden Krimi, der für seinen Spannungsaufbau deutlich auf bewährte
Hitchcock-Elemente zurückgreift: Eine ahnungslose Person stolpert in ein
undurchsichtiges Intrigennetz, wird unablässig von einem eiskalten Killer gejagt,
erfährt Identitätsverlust, wird völlig isoliert und kann nur auf sich selbst
vertrauen. Hinzu kommen vertraute Settings wie eine traumatische Jahrmarktsszene
oder fersendichte Verfolgungsjagden durch lange Schächte und enge Treppenaufgänge,
die, wenn auch nicht gerade neu, doch effektiven Nervenkitzel auslösen. Das
Drehbuch von John Brancato und Michael Ferris erlaubt sich dabei zwar jede Menge
Zufälle und einige logische Ungereimtheiten, die Zuschauer sollten dies jedoch
aufgrund der packenden Unterhaltung verzeihen. Computerexpertin Angela Bennett
(Sandra Bullock) lebt völlig zurückgezogen und hat zu ihrer Umwelt so gut wie
keinen persönlichen Kontakt. Pizza bestellt sie per Internet und ihre Vorstellung
von Gemütlichkeit ist ein simuliertes Kaminfeuer am Monitor. Als sie zufällig eine
von Cyberterroristen entwickelte Diskette erhält, die Zugang zu strenggeheimen
Datenbanken gewährt, bricht die Hölle los. Der skrupellose Hacker Jack Devlin
(Jeremy Northam) heftet sich an ihre Fersen und versucht gnadenlos sie auszuschalten.
Angelas Horror ist perfekt, als sie feststellen muß, daß ihre Identität aus allen
staatlichen Computern gelöscht wurde, ihr Haus zum Verkauf steht und sie nun als
eine von der Polizei gesuchte Kriminelle gelistet ist. Gefahr lauert an jeder Ecke,
selbst ihr einziger Freund Dr. Champion (Dennis Miller) wird raffiniert ermordet.
Auch ihre von Alzheimer befallene Mutter kann nicht zur Aufklärung beitragen. Doch
Angela läßt sich so schnell nicht kleinkriegen und deckt einen riesigen politischen
Skandal auf. Sandra Bullock bietet eine überzeugende und sympathische
Identifikationsfigur als Frau ohne Namen, die zuviel weiß. Die Computersequenzen
wurden relativ simpel gehalten und sind auch für Laien leicht nachvollziehbar:
Winkler ist, wie gewohnt, mehr an der Psychologie seiner Figuren interessiert. Die
Vision vom Internet als allesüberwachender Big Brother gibt der Hitchcock-Variante
im Cyberspace einen Anstrich von Technik-Paranoia, die ihren beängstigenden Effekt
nicht verfehlt. [ara., Blickpunkt: Film]
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