Milena Jesenska ist eine der ungewöhnlichsten Frauen der berühmten 20er
Jahre - leidenschaftlich, intellektuell, eine engagierte Kämpferin für ihre politischen
Ziele. Ihre Welt sind die Literaten und Künstlerkreise, die berühmten Cafés in Prag
und Wien. Sie ist befreundet mit Franz Werfel, Max Brod und Willy Haas. Mit Franz
Kafka verbindet sie eine leidenschaftliche Liebe. Geliebte Milena schildert ihr
aufregendes Leben.
Liebe Milena,
seit dem ersten Tag, an dem ich von Ihnen gelesen habe, an dem ich Ihr Gesicht auf
einem Buchtitel gesehen habe, wußte ich, dass ich gerne Ihre Freundin gewesen wäre,
Sie gerne kennengelernt hätte, an Ihren Leiden und Freuden teilgenommen hätte.
Vielleicht fand ich mich in dem unbewußten Wunsch, Ihnen ähnlich zu sein, in der
Kraft wieder, die aus Ihren Sätzen spricht, in Ihrem Mut, in diesem einzigartigen
Bewußtsein, dass einem das Schlimmste immer gewiß ist, doch man nie aufgeben darf.
Ich hätte Ihnen all dies gern mitgeteilt, Ihnen gesagt, wie sehr Sie mein Leben
verändert haben; die Geschichte hat es anders gewollt. Deshalb wünschte ich mir,
Sie könnten diesen Film sehen, der Sie lebendig machen soll, so wie der Brief einer
Freundin, wie eine Herausforderung der Zeit. Ich hoffe, dass Sie sich nicht verraten
fühlen werden, dass die Jugend, die Schönheit und die Empfindsamkeit von Valérie wie
ein Echo Ihrer eigenen Jugend, Schönheit und Sensibilität erscheinen mögen. Ich hoffe,
dass mein Brief, den Sie nie erhalten werden, dass dieser Film zeigen wird, wie kostbar
Ihre Erinnerung ist, wie sehr sie lebendig ist. Für Valérie, für mich und für alle,
die Ihnen heute gerne danke sagen würden. Danke, dass es Sie gab.
Véra Belmont
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