Zerfressen von Eifersucht, verdächtigt Fred Madison seine Frau Renee, ihn zu
betrügen. Unter dem Verdacht, sie auf bestialische Weise ermordet zu haben, wird
er plötzlich verhaftet. Während er in der Todeszelle auf seine Hinrichtung wartet,
ereignet sich eine unglaubliche Transformation: Fred verwandelt sich in Pete Dayton,
einen jungen Automechaniker. [Pressetext]
David Lynchs faszinierender, verstörender Alptraum aus Sex und Gewalt, in dem der
Wahn Sinn macht. [DVD & Video Report]
Wenn man Lost Highway beschreiben möchte, dann ist "Handlung" ein bedeutungsloses
Wort. Dennoch, hier ist mehr oder weniger das, wovon Lost Highway handelt: Ein
Noisejazz-Saxofonist (Bill Pullman, Independence Day) verdächtigt seine Frau
(Patricia Arquette, True Romance), untreu zu sein. Unterdessen bricht jemand in
das Haus der beiden ein und filmt das Paar im Schlaf mit einer Videokamera. Die
Ehefrau wird umgebracht und Pullman wird für das Verbrechen verurteilt. Dann,
in seiner Gefängniszelle, verwandelt er sich auf wunderbare Weise in einen
jungen Mechaniker (Balthazar Getty), der daraufhin unverzüglich freigelassen
wird, weil er nicht derjenige ist, der verurteilt wurde. Getty kehrt in sein
früheres Leben zurück und trifft die Braut eines Unterweltbosses, die zufällig
auch von Patricia Arquette gespielt wird. Aber all das hat nicht wirklich etwas
damit zu tun, worum es in diesem Film geht.
Träume sind es, die Regisseur David Lynch faszinieren. Keine freundlichen,
glücklichen Träume: Seine Träume flüstern uns ein, dass das, was wir für real
halten, nur etwas ist, das wir uns selbst vormachen, um nicht in ein totales
Chaos zu fallen. Die Charaktere sind allenfalls fragmentarisch angelegt. Die
Dinge, die passieren, geschehen nicht, weil es einen Sinn ergibt, sondern weil
wir tief in unserem Innern wollen, dass sie geschehen. Und natürlich ist auch
in Lynchs Träumen, wie in unserem wachen Leben, die Erfahrung, das zu bekommen,
was wir wollen, nicht immer angenehm.
In den besten Sequenzen des Films hat man nicht die geringste Ahnung, was man
eigentlich sieht. Die Leinwand ist ein gigantisches Rechteck aus Farben und
Schatten -- aber was sie genau darstellt, könnte alles und nichts sein. Und
dennoch, in diesen Momenten bekommt man gerade so viele Hinweise auf Orte,
Charaktere und die Geschichte, dass diese schwer erfassbaren Bilder einen
echten Horror erzeugen -- ein Gefühl, dass man vielleicht nicht sehen möchte,
was passieren wird, aber trotzdem nicht wegsehen kann. Ein unterschwellig
nagendes Gefühl, dass irgendetwas in unserer Psyche mächtig schief läuft.
Insgesamt gesehen ist Lost Highway nicht unbedingt Lynchs bester Film: zu viel
überflüssiges Füllmaterial und eine Vielzahl schwacher Nebenrollen, die die
ohnehin schon langsame Erzählweise an einigen Stellen fast zum Erliegen bringen.
Nichtsdestotrotz gibt es in Lost Highway auch Momente, die wertvoller sind, als
einige andere überaus erfolgreiche Filme in ihrer Ganzheit. [Bret Fetzer, amazon.de]
Die DVD-"Widescreen Edition" im 16:9-Format lässt dem Zuschauer die Wahl zwischen
der englischen und der deutschen Sprachfassung. Beide Versionen liegen im sechskanaligen
Rundumklang, also in Dolby Digital 5.1 vor. Zusätzlich enthält die DVD Interview-Statements
von Bill Pullman, Patricia Arquette, Robert Loggia und David Lynch sowie Kino-Trailer von
Lost Highway und The Straight Story. [Bret Fetzer, amazon.de]
Ein Mann findet vor der Tür seines Appartements eine Videocassette. Der Film zeigt
sein Schlafzimmer aus der Vogelperspektive und bricht nach einem Schwenk auf das
schlafende Ehepaar abrupt ab. Neue Bänder tauchen auf, zeigen jedesmal mehr von
einer Szene, die zwangsläufig in etwas Schreckliches münden wird. Geisterhafte
Gestalten übernehmen die Kontrolle. Schließlich findet sich der Mann in einer
Todeszelle wieder, wo er für einen Mord sterben soll, den er nie begangen hat.
Oder etwa doch? Willkommen in der Alptraumwelt des David Lynch, in der alles anders
kommt als erwartet, und Stil der Logik eine lange Nase dreht. Nach Streifzügen durch
die Abgründe der amerikanischen Seele ist der Woody Allen des Abseitigen bei seinen
eigenen Alpträumen angelangt und serviert ein visuell hinreißendes Epos zwischen
künstlerischem Anspruch und verspielter Provokationslust. Mit Bill Pullman, Patricia
Arquette oder Gary Busey ist das künstlerische Spektakel namhaft besetzt. [VideoWoche]
'I'm deranged' stimmt David Bowie in der Credit-Ouvertüre das Wiegenlied des
Wahnsinns an, der ein exzentrisches Forum bekommt in David Lynchs Comeback 'Lost
Highway'. Die Geschichte eines Musikers, der seine Frau ermordet haben soll und
in der Gefängniszelle zu einer in Erscheinungsbild und Charakter anderen Person
mutiert, sperrt sich couragiert konventionellen Erzähltraditionen, verstört mit
Auflösung von Raum-, Zeit- und Realitätsbegriffen und empfiehlt sich als
nachwirkendes labyrinthisches Kinorätsel, das - zwischen Kriminalfilm und
Psychosenstudie balancierend - viele Fragen aufwirft, aber keine Antworten liefert
und damit neugierige Zuschauer zu cineastischen Wiederholungstätern machen könnte.
Denn kaum ist man aus dem 135minütigen Alptraum eher verwirrt als orientiert
erwacht, möchte man sich schnellstmöglich erneut Lynchs Dämonen stellen. 'Lost
Highway', sein erster Film nach vierjähriger Pause, ist eine halluzinogene Kinodroge,
deren Poesie des Grauens und visuell-akustischer Gestaltungswillen (Lynchs gewohnte
Akzentuierung des Sounds) Euphoriezustände auslösen, für deren Genuß aber der
Zuschauer später mit schweren mentalen Nachbeben dank interpretatorischer
Verunsicherung Tribut zahlen muß. Was ist real, was Traum? Täuscht das Auge den
Verstand oder umgekehrt? Fragen, die sich schon zu Beginn dieses Films stellen,
an dem Lynch am deutlichsten seinen ersten Erfolg 'Eraserhead' zitiert. Nahezu
wortlos leben Saxophonist Fred Madison (Bill Pullman) und seine Frau Renee
(Patricia Arquette) in einem Haus aneinander vorbei, in dem das Licht gegen das
Dunkel einen vergeblichen Kampf führt. Düsternis greift um sich, schafft uneinsehbare
Räume, in denen Fred, zerfressen von der Vorstellung, Renee könnte eine Affäre haben,
die eisige Präsenz eines Dritten zu spüren glaubt. Eines Nachts taucht er in die
Schwärze seines Schlafzimmers ab und trifft, so darf man vermuten, seine dunkle
Seite, sein zweites Ich. Am nächsten Morgen wird Renee abgeschlachtet im Schlafzimmer
aufgefunden, doch Fred kann sich an nichts erinnern. Verhaftet und schließlich
verurteilt, landet er im Gefängnis, bis er eines Tages spurlos aus seiner Zelle
verschwindet, und der junge Pete Dayton (Balthazar Getty) scheinbar durch Geisterhand
an seine Stelle tritt. Bis hierhin spielt Lynch virtuos, aber mit eher einfachen
filmischen Mitteln (Unschärfe, extrem zurückgenommenes Licht, Kamera nah an den
Personen) mit einem potentiellen Gruselszenario, das Atmosphäre und verschiedene
Motive seines unterschätzten Kinotrips 'Twin Peaks - Fire Walk With Me'
rekapituliert: Rote Vorhänge, ein unheimlicher Zeremonienmeister (Robert Blake),
der als einziger die Zusammenhänge zu kennen scheint und die vermeintlich spürbare
Gefrieraura eines Dritten (wie Evil Bob aus 'Twin Peaks'), der nichts anderes sein
könnte als das Resultat einer Persönlichkeitsspaltung.
Nach dem spurlosen Verschwinden Pullmans wird die Figur Balthazar Gettys
zum Fixpunkt der von Lynch und Koautor Barry Gifford (schrieb die
Romanvorlage zu 'Wild at Heart') alptraumhaft entwickelten Geschichte,
die der Regisseur selbst als '21st-century noir horror film' bezeichnet,
dabei aber auch Anleihen bei Hitchcocks Meisterwerk 'Vertigo' verrät.
Zur femme fatale und Geliebten eines Gangsters (Robert Loggia) mutiert,
taucht die nun erblondete Patricia Arquette wieder auf, verdreht Getty berechnend
den Kopf. Seine zentralen Motive - Sex, Gewalt, Schizophrenie - noch einmal
forcierend, treibt Lynch seinen Film auf ein Ende zu, das mit Paradoxien spielt,
Raum läßt für eigene Interpretationen und den Zuschauer in einer Kreisbewegung zum
Anfang zurückführt. Ein wahrhaft wicked game, das Lynch mit den Mitteln suggestiven
Horrors hier zelebriert. Seine Fangemeinde sollte sich mit größerem Zuspruch als
zuletzt ('Twin Peaks - Fire Walk With Me' hatte enttäuschende 145.000 Zschauer)
daran beteiligen. [kob, Blickpunkt: Film]
Von Eifersucht gequält, scheint Jazzmusiker Fred Madison seine Frau Renee blutig
abgeschlachtet zu haben. Ohne sich an die Tat erinnern zu können, landet er
abgeurteilt im Gefängnis. Dort verschwindet er spurlos, und ein junger Automechaniker
mit Gedächtnisverlust lebt seinen Alptraum fort, in dem die ermordete Renee
wiederaufzuerstehen scheint. Nach vierjähriger Pause knüpft Kultregisseur David
Lynch an seine besten Zeiten an. Verstörende Bilder, Töne und Figuren schrauben
sich ins Gedächtnis bei seinem Comeback, das einen faszinierenden erzählerischen
Irrgarten kreiert, in dem der Widerspruch Methode hat. Film als Rätsel, das keine
Antworten kennt. [Blickpunkt: Film Kurzinfo]
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