Film: Lost Highway


 Titel  Lost Highway
 Land  USA
    Frankreich
 Jahr  1996
 Genre  Thriller
 Länge Kino  135 min.
 Länge Fernsehen  129 min.
 FSK Kino  16 (Deutschland)
    18 (Großbritannien)
 FSK Video / DVD  16
 FSK Fernsehen  16
 Regie  David Lynch
 TV-Ausstrahlungen  26. September 2003, 01 Uhr 05 in ZDF
 Darsteller  Bill Pullman als Fred Madison
    Patricia Arquette als Renee Madison / Alice Wakefield
    Balthazar Getty als Pete Dayton
    Robert Blake als Mystery Man
    Natasha Gregson Wagner als Sheila
    Richard Pryor als Arnie
    Lucy Butler als Candace Dayton
    Michael Massee als Andy
    Jack Nance als Phil
    Jack Kehler als Guard Johnny Mack
    Henry Rollins als Guard Henry
    Giovanni Ribisi als Steve 'V'
    Scott Coffey als Teddy
    Gary Busey als Bill Dayton
    Robert Loggia als Mr. Eddy / Dick Laurent
    John Roselius als Al
    Louis Eppolito als Ed
    Jenna Maetlind als Party Girl
    Michael Shamus Wiles als Guard Mike
    Mink Stole als Jury Forewoman (Voice)
    Leonard Termo als Judge (Voice)
    Ivory Ocean als Guard Ivory
    David Byrd als Doctor Smordin
    Gene Ross als Warden Clements
    F. William Parker als Captain Luneau
    Guy Siner als Prison Official #1
    Alexander Folk als Prison Official #2
    Carl Sundstrom als Hank
    John Solari als Lou
    Al Garrett als Carl
    Heather Stephens als Lanie
    Amanda Anka als Girl #1
    Jennifer Syme als Junkie Girl
    Matt Sigloch als Assistant #1
    Gilbert B. Combs als Assistant #2
    Greg Travis als Tail Gate Driver
    Lisa Boyle als Marian
    Leslie Bega als Raquel
    Marilyn Manson als Porno Star #1
    Twiggy Ramirez als Porno Star #2
    Roland Kermarec als Man on bus
 Websites  http://www.davidlynch.de/epdfilm.html
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Zerfressen von Eifersucht, verdächtigt Fred Madison seine Frau Renee, ihn zu betrügen. Unter dem Verdacht, sie auf bestialische Weise ermordet zu haben, wird er plötzlich verhaftet. Während er in der Todeszelle auf seine Hinrichtung wartet, ereignet sich eine unglaubliche Transformation: Fred verwandelt sich in Pete Dayton, einen jungen Automechaniker. [Pressetext]

David Lynchs faszinierender, verstörender Alptraum aus Sex und Gewalt, in dem der Wahn Sinn macht. [DVD & Video Report]

Wenn man Lost Highway beschreiben möchte, dann ist "Handlung" ein bedeutungsloses Wort. Dennoch, hier ist mehr oder weniger das, wovon Lost Highway handelt: Ein Noisejazz-Saxofonist (Bill Pullman, Independence Day) verdächtigt seine Frau (Patricia Arquette, True Romance), untreu zu sein. Unterdessen bricht jemand in das Haus der beiden ein und filmt das Paar im Schlaf mit einer Videokamera. Die Ehefrau wird umgebracht und Pullman wird für das Verbrechen verurteilt. Dann, in seiner Gefängniszelle, verwandelt er sich auf wunderbare Weise in einen jungen Mechaniker (Balthazar Getty), der daraufhin unverzüglich freigelassen wird, weil er nicht derjenige ist, der verurteilt wurde. Getty kehrt in sein früheres Leben zurück und trifft die Braut eines Unterweltbosses, die zufällig auch von Patricia Arquette gespielt wird. Aber all das hat nicht wirklich etwas damit zu tun, worum es in diesem Film geht.
Träume sind es, die Regisseur David Lynch faszinieren. Keine freundlichen, glücklichen Träume: Seine Träume flüstern uns ein, dass das, was wir für real halten, nur etwas ist, das wir uns selbst vormachen, um nicht in ein totales Chaos zu fallen. Die Charaktere sind allenfalls fragmentarisch angelegt. Die Dinge, die passieren, geschehen nicht, weil es einen Sinn ergibt, sondern weil wir tief in unserem Innern wollen, dass sie geschehen. Und natürlich ist auch in Lynchs Träumen, wie in unserem wachen Leben, die Erfahrung, das zu bekommen, was wir wollen, nicht immer angenehm.
In den besten Sequenzen des Films hat man nicht die geringste Ahnung, was man eigentlich sieht. Die Leinwand ist ein gigantisches Rechteck aus Farben und Schatten -- aber was sie genau darstellt, könnte alles und nichts sein. Und dennoch, in diesen Momenten bekommt man gerade so viele Hinweise auf Orte, Charaktere und die Geschichte, dass diese schwer erfassbaren Bilder einen echten Horror erzeugen -- ein Gefühl, dass man vielleicht nicht sehen möchte, was passieren wird, aber trotzdem nicht wegsehen kann. Ein unterschwellig nagendes Gefühl, dass irgendetwas in unserer Psyche mächtig schief läuft.
Insgesamt gesehen ist Lost Highway nicht unbedingt Lynchs bester Film: zu viel überflüssiges Füllmaterial und eine Vielzahl schwacher Nebenrollen, die die ohnehin schon langsame Erzählweise an einigen Stellen fast zum Erliegen bringen. Nichtsdestotrotz gibt es in Lost Highway auch Momente, die wertvoller sind, als einige andere überaus erfolgreiche Filme in ihrer Ganzheit. [Bret Fetzer, amazon.de]

Die DVD-"Widescreen Edition" im 16:9-Format lässt dem Zuschauer die Wahl zwischen der englischen und der deutschen Sprachfassung. Beide Versionen liegen im sechskanaligen Rundumklang, also in Dolby Digital 5.1 vor. Zusätzlich enthält die DVD Interview-Statements von Bill Pullman, Patricia Arquette, Robert Loggia und David Lynch sowie Kino-Trailer von Lost Highway und The Straight Story. [Bret Fetzer, amazon.de]

Ein Mann findet vor der Tür seines Appartements eine Videocassette. Der Film zeigt sein Schlafzimmer aus der Vogelperspektive und bricht nach einem Schwenk auf das schlafende Ehepaar abrupt ab. Neue Bänder tauchen auf, zeigen jedesmal mehr von einer Szene, die zwangsläufig in etwas Schreckliches münden wird. Geisterhafte Gestalten übernehmen die Kontrolle. Schließlich findet sich der Mann in einer Todeszelle wieder, wo er für einen Mord sterben soll, den er nie begangen hat. Oder etwa doch? Willkommen in der Alptraumwelt des David Lynch, in der alles anders kommt als erwartet, und Stil der Logik eine lange Nase dreht. Nach Streifzügen durch die Abgründe der amerikanischen Seele ist der Woody Allen des Abseitigen bei seinen eigenen Alpträumen angelangt und serviert ein visuell hinreißendes Epos zwischen künstlerischem Anspruch und verspielter Provokationslust. Mit Bill Pullman, Patricia Arquette oder Gary Busey ist das künstlerische Spektakel namhaft besetzt. [VideoWoche]

'I'm deranged' stimmt David Bowie in der Credit-Ouvertüre das Wiegenlied des Wahnsinns an, der ein exzentrisches Forum bekommt in David Lynchs Comeback 'Lost Highway'. Die Geschichte eines Musikers, der seine Frau ermordet haben soll und in der Gefängniszelle zu einer in Erscheinungsbild und Charakter anderen Person mutiert, sperrt sich couragiert konventionellen Erzähltraditionen, verstört mit Auflösung von Raum-, Zeit- und Realitätsbegriffen und empfiehlt sich als nachwirkendes labyrinthisches Kinorätsel, das - zwischen Kriminalfilm und Psychosenstudie balancierend - viele Fragen aufwirft, aber keine Antworten liefert und damit neugierige Zuschauer zu cineastischen Wiederholungstätern machen könnte.
Denn kaum ist man aus dem 135minütigen Alptraum eher verwirrt als orientiert erwacht, möchte man sich schnellstmöglich erneut Lynchs Dämonen stellen. 'Lost Highway', sein erster Film nach vierjähriger Pause, ist eine halluzinogene Kinodroge, deren Poesie des Grauens und visuell-akustischer Gestaltungswillen (Lynchs gewohnte Akzentuierung des Sounds) Euphoriezustände auslösen, für deren Genuß aber der Zuschauer später mit schweren mentalen Nachbeben dank interpretatorischer Verunsicherung Tribut zahlen muß. Was ist real, was Traum? Täuscht das Auge den Verstand oder umgekehrt? Fragen, die sich schon zu Beginn dieses Films stellen, an dem Lynch am deutlichsten seinen ersten Erfolg 'Eraserhead' zitiert. Nahezu wortlos leben Saxophonist Fred Madison (Bill Pullman) und seine Frau Renee (Patricia Arquette) in einem Haus aneinander vorbei, in dem das Licht gegen das Dunkel einen vergeblichen Kampf führt. Düsternis greift um sich, schafft uneinsehbare Räume, in denen Fred, zerfressen von der Vorstellung, Renee könnte eine Affäre haben, die eisige Präsenz eines Dritten zu spüren glaubt. Eines Nachts taucht er in die Schwärze seines Schlafzimmers ab und trifft, so darf man vermuten, seine dunkle Seite, sein zweites Ich. Am nächsten Morgen wird Renee abgeschlachtet im Schlafzimmer aufgefunden, doch Fred kann sich an nichts erinnern. Verhaftet und schließlich verurteilt, landet er im Gefängnis, bis er eines Tages spurlos aus seiner Zelle verschwindet, und der junge Pete Dayton (Balthazar Getty) scheinbar durch Geisterhand an seine Stelle tritt. Bis hierhin spielt Lynch virtuos, aber mit eher einfachen filmischen Mitteln (Unschärfe, extrem zurückgenommenes Licht, Kamera nah an den Personen) mit einem potentiellen Gruselszenario, das Atmosphäre und verschiedene Motive seines unterschätzten Kinotrips 'Twin Peaks - Fire Walk With Me' rekapituliert: Rote Vorhänge, ein unheimlicher Zeremonienmeister (Robert Blake), der als einziger die Zusammenhänge zu kennen scheint und die vermeintlich spürbare Gefrieraura eines Dritten (wie Evil Bob aus 'Twin Peaks'), der nichts anderes sein könnte als das Resultat einer Persönlichkeitsspaltung.
Nach dem spurlosen Verschwinden Pullmans wird die Figur Balthazar Gettys zum Fixpunkt der von Lynch und Koautor Barry Gifford (schrieb die Romanvorlage zu 'Wild at Heart') alptraumhaft entwickelten Geschichte, die der Regisseur selbst als '21st-century noir horror film' bezeichnet, dabei aber auch Anleihen bei Hitchcocks Meisterwerk 'Vertigo' verrät. Zur femme fatale und Geliebten eines Gangsters (Robert Loggia) mutiert, taucht die nun erblondete Patricia Arquette wieder auf, verdreht Getty berechnend den Kopf. Seine zentralen Motive - Sex, Gewalt, Schizophrenie - noch einmal forcierend, treibt Lynch seinen Film auf ein Ende zu, das mit Paradoxien spielt, Raum läßt für eigene Interpretationen und den Zuschauer in einer Kreisbewegung zum Anfang zurückführt. Ein wahrhaft wicked game, das Lynch mit den Mitteln suggestiven Horrors hier zelebriert. Seine Fangemeinde sollte sich mit größerem Zuspruch als zuletzt ('Twin Peaks - Fire Walk With Me' hatte enttäuschende 145.000 Zschauer) daran beteiligen. [kob, Blickpunkt: Film]

Von Eifersucht gequält, scheint Jazzmusiker Fred Madison seine Frau Renee blutig abgeschlachtet zu haben. Ohne sich an die Tat erinnern zu können, landet er abgeurteilt im Gefängnis. Dort verschwindet er spurlos, und ein junger Automechaniker mit Gedächtnisverlust lebt seinen Alptraum fort, in dem die ermordete Renee wiederaufzuerstehen scheint. Nach vierjähriger Pause knüpft Kultregisseur David Lynch an seine besten Zeiten an. Verstörende Bilder, Töne und Figuren schrauben sich ins Gedächtnis bei seinem Comeback, das einen faszinierenden erzählerischen Irrgarten kreiert, in dem der Widerspruch Methode hat. Film als Rätsel, das keine Antworten kennt. [Blickpunkt: Film Kurzinfo]

 
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aktualisiert am 2003-09-26 durch JSD