Ruth Goldfisch, die quirlige Tochter eines jüdischen Berliner Bankiers, hat von
Kindesbeinen an einen für ihre Zeit und ihren Stand ungewöhnlichen Traum. Sie
möchte Bäuerin werden, Ackerbau und Viehzucht betreiben und in selbst gezogene
Tomaten beißen. Voller Hingabe gräbt sie den englischen Rasen des Vaters um und
ergreift die erste Gelegenheit, ihren Traum Wirklichkeit werden zu lassen. Auf
dem alljährlichen Pessach-Ball ihres Vaters im Jahre 1914 lernt sie den schönen,
aber verarmten Adeligen Albert von Roll kennen und schafft es mit Hilfe des ihr
treu ergebenen Prokuristen des Bankhauses Goldfisch, Kurt Stöcker, ihrem Vater
seine Zustimmung zu ihrer Eheschließung mit dem "Hungerbaron" abzutrotzen.
Sie verlässt den Vater, die beiden Schwestern und das mondäne Berliner Stadtleben
und folgt Albert auf sein Gut nach Bleichrode im Harz. Der Gutshof ist zunächst
ein Schock: verwahrlost und marode entspricht er so gar nicht Ruths Lebenstraum.
Doch während Albert in den Ersten Weltkrieg ziehen muss, beginnt Ruth voller
Tatendrang den Freihof wieder aufzubauen und die Sauerkirschen, die ihn
plantagenweise umgeben, zu feinen Schattenmorellen zu veredeln. Schon bald
fühlt Ruth sich in Bleichrode zu Hause. Ihr großes finanzielles Geschick, gepaart
mit Großzügigkeit und Energie, machen sie zur einflussreichen und geachteten
Bürgerin ihres Städtchens. Sie versorgt nicht nur die Bleichroder Bürger mit
Arbeit, sondern auch ihre Familie in Berlin mit ihrem Gemüse und den kulinarischen
Ergebnissen ihrer nächtlichen Schwarzschlachtungen.
Als Albert endlich aus dem Krieg nach Hause kehrt, scheint ihr Traum wahr geworden
zu sein. Doch ihr Vater Samuel Goldfisch, der mit den Gewinnen eines deutschen
Sieges gerechnet hatte, kann die Schande der Niederlage und seines Bankrotts
nicht ertragen und nimmt sich das Leben. Der Verlust des geliebten Vaters trifft
Ruth schwer. Ihre Liebe zu Albert ist ihr einziger Trost. Als sie endlich das
heiß ersehnte Kind von ihm erwartet, soll sich alles zum Guten wenden.
Albert und Ruth erleben eine Zeit unbeschwerten Glücks, die auch von den
Bestimmungen der Versailler Verträge nicht getrübt werden kann. Mit Chuzpe und
List schafft sie es sogar, die geforderten Abgaben Gewinn bringend umzudeuten.
Doch als Ruth hochschwanger und sehr vergnügt die Holzfällarbeiten begutachten
kommt, gibt es einen schrecklichen Unfall: Albert wird vor ihren Augen von einem
Baum erschlagen. Kurz darauf setzen die Wehen ein. Ihre Tochter Elisabeth erblickt
noch am selben Tag das Licht der Welt und erhält die Taufe über dem Sarg ihres
Vaters. Von diesem Schicksalsschlag erholt Ruth sich nur langsam. Doch ihre
Trauer mindert nicht ihr Geschick für die Landwirtschaft und das Geldverdienen.
Zwischen den beiden Weltkriegen macht Ruth ein Vermögen, wird zur führenden
Marmeladenfabrikantin der Weimarer Republik und beherbergt brotlose Berliner
Künstler, die sich bei ihr zur Sommerfrische durchfüttern lassen. Als der
Nationalsozialismus auch in Bleichrode Einzug hält, begegnet Ruth ihm zunächst
mit ihren eigenen Waffen: Die örtliche SA-Rotte wird für die Kirschenernte
verpflichtet, denn wer Arbeit hat, macht keinen Unsinn. Unterstützung erhält
Ruth in all ihren Unternehmungen von Siegfried, dem Sohn ihres Verwalterehepaares,
der langsam zu einem gut aussehenden jungen Mann heranwächst und Ruth zutiefst
verehrt. Doch die Nationalsozialisten gewinnen immer mehr an Einfluss und werden
zu einer ernsten Bedrohung von Ruths Lebenstraum.
Schon mit 18 hat Ruth Goldfisch, die schöne jüdische Bankierstochter, den Traum,
das dekadente, kriegslüsterne Berlin so schnell wie möglich zu verlassen und
sich ganz der Natur und Landwirtschaft hinzugeben - so, wie ihre Namenspatronin
aus dem Alten Testament. Mit großer epischer Kraft erzählen der Autor Justus
Pfaue ("Anna", "Tim Thaler") und der Regisseur Rainer Kaufmann ("Stadtgespräch",
"Die Apothekerin") - in einem bewegenden TV-Epos, das den großen Bogen von
1914 bis 1946 spannt - die unglaubliche Geschichte der "Kirschenkönigin".
Eine Frau, die ihr Leben selbst in die Hand genommen hat und mit ihrer Liebe
und ungewöhnlichen Kraft einem schrecklichen Jahrhundert trotzt, in dem "dem
lieben Gott einiges schwer daneben gegangen ist!". Ruth lässt sich vom gnadenlosen,
blutigen Weltgeist, der auch den kleinen Ort Bleichrode im Harz nicht verschont,
nicht aus ihrem Paradies, dem selbst kultivierten Kirschgarten, vertreiben. [ZDF]
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