Film: Die Kirschenkönigin (Teil 1): Vom Tango zum Trecker

 


 Titel  Die Kirschenkönigin (Teil 1): Vom Tango zum Trecker
 Land  Deutschland
 Jahr  2004
 Genre  Drama
    3-Teiler
 Länge Fernsehen  90 min.
 Regie  Rainer Kaufmann
 Kamera  Klaus Eichhammer
 Buch / Drehbuch  Justus Pfaue
 (Roman-) Vorlage  Justus Pfaue
 Musik  Annette Focks
 TV-Ausstrahlungen  15. November 2004, 20 Uhr 15 in ZDF
 Darsteller  Johanna Wokalek als Ruth
    Heike Warmuth als Elisabeth
    Johannes Zirner als Siegfried
    Adele Neuhauser als Luise
    Richy Müller als Franz
    Jürgen Tarrach als Otto Pfreimel
    Jürgen Vogel als Kurt Stöcker
    Clémence Boué als Käthe
    Marc Hosemann als Albert von Roll
    Delphine Serina als Gretchen
    Leander Lichti als Walter Roth
    Heinz G. Lück als Hildebrandt
    August Zirner als Samuel

Ruth Goldfisch, die quirlige Tochter eines jüdischen Berliner Bankiers, hat von Kindesbeinen an einen für ihre Zeit und ihren Stand ungewöhnlichen Traum. Sie möchte Bäuerin werden, Ackerbau und Viehzucht betreiben und in selbst gezogene Tomaten beißen. Voller Hingabe gräbt sie den englischen Rasen des Vaters um und ergreift die erste Gelegenheit, ihren Traum Wirklichkeit werden zu lassen. Auf dem alljährlichen Pessach-Ball ihres Vaters im Jahre 1914 lernt sie den schönen, aber verarmten Adeligen Albert von Roll kennen und schafft es mit Hilfe des ihr treu ergebenen Prokuristen des Bankhauses Goldfisch, Kurt Stöcker, ihrem Vater seine Zustimmung zu ihrer Eheschließung mit dem "Hungerbaron" abzutrotzen.

Sie verlässt den Vater, die beiden Schwestern und das mondäne Berliner Stadtleben und folgt Albert auf sein Gut nach Bleichrode im Harz. Der Gutshof ist zunächst ein Schock: verwahrlost und marode entspricht er so gar nicht Ruths Lebenstraum. Doch während Albert in den Ersten Weltkrieg ziehen muss, beginnt Ruth voller Tatendrang den Freihof wieder aufzubauen und die Sauerkirschen, die ihn plantagenweise umgeben, zu feinen Schattenmorellen zu veredeln. Schon bald fühlt Ruth sich in Bleichrode zu Hause. Ihr großes finanzielles Geschick, gepaart mit Großzügigkeit und Energie, machen sie zur einflussreichen und geachteten Bürgerin ihres Städtchens. Sie versorgt nicht nur die Bleichroder Bürger mit Arbeit, sondern auch ihre Familie in Berlin mit ihrem Gemüse und den kulinarischen Ergebnissen ihrer nächtlichen Schwarzschlachtungen.

Als Albert endlich aus dem Krieg nach Hause kehrt, scheint ihr Traum wahr geworden zu sein. Doch ihr Vater Samuel Goldfisch, der mit den Gewinnen eines deutschen Sieges gerechnet hatte, kann die Schande der Niederlage und seines Bankrotts nicht ertragen und nimmt sich das Leben. Der Verlust des geliebten Vaters trifft Ruth schwer. Ihre Liebe zu Albert ist ihr einziger Trost. Als sie endlich das heiß ersehnte Kind von ihm erwartet, soll sich alles zum Guten wenden.

Albert und Ruth erleben eine Zeit unbeschwerten Glücks, die auch von den Bestimmungen der Versailler Verträge nicht getrübt werden kann. Mit Chuzpe und List schafft sie es sogar, die geforderten Abgaben Gewinn bringend umzudeuten. Doch als Ruth hochschwanger und sehr vergnügt die Holzfällarbeiten begutachten kommt, gibt es einen schrecklichen Unfall: Albert wird vor ihren Augen von einem Baum erschlagen. Kurz darauf setzen die Wehen ein. Ihre Tochter Elisabeth erblickt noch am selben Tag das Licht der Welt und erhält die Taufe über dem Sarg ihres Vaters. Von diesem Schicksalsschlag erholt Ruth sich nur langsam. Doch ihre Trauer mindert nicht ihr Geschick für die Landwirtschaft und das Geldverdienen. Zwischen den beiden Weltkriegen macht Ruth ein Vermögen, wird zur führenden Marmeladenfabrikantin der Weimarer Republik und beherbergt brotlose Berliner Künstler, die sich bei ihr zur Sommerfrische durchfüttern lassen. Als der Nationalsozialismus auch in Bleichrode Einzug hält, begegnet Ruth ihm zunächst mit ihren eigenen Waffen: Die örtliche SA-Rotte wird für die Kirschenernte verpflichtet, denn wer Arbeit hat, macht keinen Unsinn. Unterstützung erhält Ruth in all ihren Unternehmungen von Siegfried, dem Sohn ihres Verwalterehepaares, der langsam zu einem gut aussehenden jungen Mann heranwächst und Ruth zutiefst verehrt. Doch die Nationalsozialisten gewinnen immer mehr an Einfluss und werden zu einer ernsten Bedrohung von Ruths Lebenstraum.

Schon mit 18 hat Ruth Goldfisch, die schöne jüdische Bankierstochter, den Traum, das dekadente, kriegslüsterne Berlin so schnell wie möglich zu verlassen und sich ganz der Natur und Landwirtschaft hinzugeben - so, wie ihre Namenspatronin aus dem Alten Testament. Mit großer epischer Kraft erzählen der Autor Justus Pfaue ("Anna", "Tim Thaler") und der Regisseur Rainer Kaufmann ("Stadtgespräch", "Die Apothekerin") - in einem bewegenden TV-Epos, das den großen Bogen von 1914 bis 1946 spannt - die unglaubliche Geschichte der "Kirschenkönigin". Eine Frau, die ihr Leben selbst in die Hand genommen hat und mit ihrer Liebe und ungewöhnlichen Kraft einem schrecklichen Jahrhundert trotzt, in dem "dem lieben Gott einiges schwer daneben gegangen ist!". Ruth lässt sich vom gnadenlosen, blutigen Weltgeist, der auch den kleinen Ort Bleichrode im Harz nicht verschont, nicht aus ihrem Paradies, dem selbst kultivierten Kirschgarten, vertreiben. [ZDF]

 
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aktualisiert am 2004-11-22...2005-06-06 durch JSD