Das Credo des Welton Internats für Jungen besteht aus den vier Leitbegriffen:
Tradition, Ehre, Disziplin, Leistung. Ebenso starr und streng wie diese Richtlinien
sind die Lehrmethoden, mit denen die Schülerschaft, die den reichsten Familien
des Landes entstammt, auf ihre elitäre gesellschaftliche und wirtschaftliche
Rolle vorbereitet werden soll.
Doch auch reiche Jugendliche sind eben nur Jugendliche mit derselben Neugier auf
das Leben und derselben Leidenschaft und Begeisterungsfähigkeit wie ihre nicht so
betuchten Altersgenossen. Diese Eigenschaften sind es, die den neuen Englischlehrer
John Keating (Robin Williams) besonders faszinieren und ihm fördernswert erscheinen.
Für ihn ist Unterrichten mehr als ein Job: eher eine Berufung, der er mit Hingabe
folgt. Entgegen den strengen Richtlinien des Internats ist es Keatings Anspruch,
seine Schüler zu Freidenkern zu erziehen. "Carpe Diem" (Nutze den Tag), rät er
den Jungen und will damit ihren Sinn für die Poesie und die schönen Dinge des
Lebens schärfen.
Ein Ansatz, den vor allem die Freunde Todd Anderson (Ethan Hawke) und Neil
Perry (Robert Sean Leonard) begeistert verfolgen. Dass nicht nur die Schulleitung,
sondern auch die nicht minder konservativen Elternhäuser der beiden Jungen
Keatings Methoden nicht billigen und sogar als bedrohlich für die eigenen
Wertvorstellungen empfinden, ist die Ursache für die Katastrophe, die sich
unabwendbar ankündigt.
Der Club der toten Dichter ist ein flammendes Plädoyer für die Poesie, die Fantasie
und die Liebe, von Peter Weir bildgewaltig in Szene gesetzt und von Maurice Jarre,
der die Filmmusik komponierte, kongenial vertont. Ein emotionsgeladenes Drama,
das die ganze Palette der großen Gefühle in sich vereint und den Zuschauer garantiert
nachhaltig beeindruckt. Robin Williams wurde für seine eindrucksvolle Darstellung
des ambitionierten Lehrers John Keating für den Oscar als bester Hauptdarsteller
nominiert. Jungdarsteller Ethan Hawke (Gattaca, Große Erwartungen) legte mit diesem
Film den Grundstein für seine steile Hollywood-Karriere.
Der australische Regisseur Peter Weir zeigt in seinen Filmen häufig Interesse
an der Konfrontation zweier unterschiedlicher Welten oder Lebensanschauungen.
Wie beim Club der toten Dichter Konformität und Individualismus aufeinander
prallen, so wird in Der einzige Zeuge eine Amish-Kolonie mit der Korruption
der modernen Polizeiarbeit konfrontiert, in der romantischen Komödie Green
Card werden ein Franzose und eine Amerikanerin in eine turbulente Zweckgemeinschaft
gepresst. Zuletzt konnte Weir mit seiner "Mediensatire" Die Truman Show
international Kritiker und Publikum gleichermaßen begeistern. [Benno Limberg]
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