Sandra Bullock in einer ungewöhnlichen Rolle: zynisch, abgebrüht und kaputt.
Die Nacht endet im Morgengrauen. Eine wilde Nacht quer durch die Kneipen. Als Gwen mit
ihrem Freund Jasper ins Bett fällt, ist sie voll, sternhagel voll. Und weil es so schön
war, geht es am nächsten Morgen gleich weiter: Bier zum Zähneputzen, kleine bunte Pillen
zum Frühstück. Ist das Leben nicht schön?
Die Hochzeit ihrer Schwester mit einem reichen Langweiler entspricht zwar kaum Gwens
Vorstellung von einer fetzigen Fete. Aber wenigstens sind die Getränke vom Feinsten.
Sollen die Spießer doch tuscheln. Gwen will Spaß - buchstäblich bis zum Umfallen.
Das lustige Leben findet jäh ein Ende, als Gwen sturzbetrunken mit dem Auto in einen
Vorgarten schlittert und die Veranda des Hauses in Trümmer legt. Ein Unfall mit Nachspiel.
"28 Tage" Entzugsklinik lautet das Urteil - immer noch besser als Gefängnis. Denkt Gwen.
Mit der Rolle des Partygirls, das den Drogen längst über die Spaßgrenze hinaus verfallen
ist, verabschiedet sich Sandra Bullock endgültig vom Image des netten Mädchens von
nebenan. Praktisch und patent in allen Lebenslagen - so liebte sie das Publikum in
ihren großen Filmen von "Speed" bis "Während du schliefst". Dann wurde es still um
die heute 35-Jährige. Die Rollen danach, inklusive "Speed 2", in denen sie klischeegetreu
lieb und brav war, reichten an die großen Erfolge längst nicht heran. Als sie das
Drehbuch zu "28 Tage" in die Hände bekam und die Chance sah, sich aus der Festlegung
auf die harmlose Schöne zu befreien, hatte Sandra Bullock nur eine Befürchtung: dass
Hollywood sie selbst als Trinkerin noch auf niedlich trimmen würde.
Eine unbegründete Sorge, wie sich zeigt. Dabei war es weniger schwierig, die grölende,
torkelnde, lallende Säuferin zu spielen. Keiner findet so eine süß. Doch Gwens Weg der
Läuterung hätte leicht ins sentimentale, kitschige Abseits rühren können.
Dass das in "28 Tage" nicht geschieht, liegt an schlagfertigen Dialogen, wunderbarer
Situationskomik und einer großartigen "Besetzung" der Leute in der Trinkerheilanstalt:
lauter kaputte Typen, die auf den ersten Blick weggesperrt gehören. Mit frechem Witz
macht sich der Film über salbungsvolle Therapeutensprüche und gemeinsames Singen lustig.
Ein Ort, der Gwen anfangs schwer zu scharfen macht. Doch hinter den Schießbudenfiguren
stecken Menschen mit so echten Problemen, wie sie auch Gwen mit sich herumträgt.
Lachen und Weinen liegen in "28 Tage" nah beieinander, ohne in Gefühlsduselei abzugleiten.
[us, 2000]
Das Leben der New Yorker Schriftstellerin Gwen Cummings ist eine einzige Party: Mit
ihrem Freund Jasper lebt sie es in Saus und Braus. Sie ist auf jeder Party, hangelt
sich von Club zu Club und verbringt den Tag im Bett, um für die nächste Nacht und
den nächsten Rausch fit zu sein. Für ihre Mitmenschen ist Gwen oft eine Zumutung, oder
wie ihre Schwester Lily es ausdrückt: Gwens Verhalten macht es einem beinahe unmöglich,
sie zu lieben.
Selbst zur Hochzeit ihrer Schwester erscheint Gwen benebelt und baut zu allem Überfluß
noch einen Autounfall. Das Gericht verurteilt sie dafür zu 28 Tagen in einer
Rehabilitationsklinik, wo Gwen mit einer Reihe von ungewohnten Regeln und Ritualen
konfrontiert wird und auf Menschen trifft, die ihr eine ganz neue Sichtweise auf das
Leben eröffnen.
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